Beziehung, Partnerschaft oder doch nur Zweckgemeinschaft?

Dir ist bestimmt schon aufgefallen, dass ich die Begriffe Beziehung und Partnerschaft verwende, wenn ich davon rede, dass zwei sich liebende Menschen zusammen sind. Gerne verwende ich auch mal in einem Zusammenhang den einen Begriff und dann wieder den anderen Begriff. Bevor ich aber zu meiner Erklärung komme, warum ich beide Begrifflichkeiten verwende: Wie bezeichnest Du das Zusammenleben mit der Person, die Du liebst? Achte mal bewusst darauf, welchen Begriff Du verwendest und ob es Situationen gibt, wo Du dann den anderen Begriff nutzt.

Meine zweite Frau war ja der Überzeugung, dass unsere Ehe eine Partnerschaft sein sollte. Beide Partner sind gleichberechtigt. Beide können, sollen und müssen gleichermaßen Entscheidungen treffen. Eben ein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen beiden Partnern.

Ihre Definition von Beziehung, du ahnst es bestimmt schon, war negativ besetzt. In einer Beziehung gibt es immer jemanden, der den anderen zieht. So könnte man es zumindest aus dem Wortstamm ableiten. Laut allgemeingültiger Definition hat eine Beziehung aber tatsächlich nichts damit zu tun, dass einer vorneweggeht und der andere gezogen wird. Eine Beziehung ist es, eine Verbindung mit jemandem oder zu jemandem zu haben.

Aber bleiben wir doch mal bei der Theorie. Wie findest Du die Bezeichnung Beziehung? Verwendest Du den Begriff generell oder eher, wenn wirklich einer die Hosen in der Verbindung anhat? Ich meine, die Definition kann man schon so verwenden, wenn man das Gefühl hat, dass der Partner gezogen werden muss oder er einen zieht. Meistens ist es ja auch so, dass einer von beiden mehr Energie an den Tag legt. Mal ist sie es, die plant, entscheidet und organisiert, und mal übernimmt er diesen Part. Oder etwa nicht? Dann zieht wohl doch jemand den anderen durch diese Beziehung. Mal ist es der eine, mal ist es der andere.

Wenn man sich das mal bildlich vorstellt, ist es eine ziemlich blöde Vorstellung. Wer möchte denn schon durch eine Beziehung gezogen werden? Und wer möchte seinen Partner ständig mitziehen? Das Ziehen ist auf Dauer ziemlich anstrengend. Es kostet Kraft und Nerven und widerspricht dem, was eine Verbindung zwischen zwei sich liebenden Menschen ausmachen sollte. Denn eigentlich geht man eine Beziehung zu jemandem ein, um einen Vorteil daraus zu erzielen. Das klingt zwar ziemlich abstrakt, aber lass es mich erklären.

Wenn für uns aus einer Beziehung kein Vorteil entsteht. Warum sollte ich denn überhaupt eine Beziehung eingehen? Welcher Vorteil es für Dich ist, musst Du entscheiden. Für den einen ist es der finanzielle Aspekt. Man hat zwei Einkommen und teilt sich die Ausgaben für den Lebensunterhalt. Für jemand anderen ist es der Vorteil von Sicherheit. Es ist jemand da, der einen unterstützt, beschützt, auf den man sich verlassen kann. Und der Dritte möchte nicht allein seine Abenteuer erleben. Viel schöner ist es, zusammen etwas zu erleben und gemeinsam vieles Neues zu entdecken.

Jeder zieht aus einer Beziehung einen Vorteil. Ups, da war schon wieder dieses Wort ziehen. Kann es sein, dass man gar nicht seinen Partner zieht, sondern seinen Vorteil? Dann kann man den Begriff Beziehung ruhigen Gewissens verwenden.  Zumindest so lange, wie beide Partner ihren Vorteil aus der Beziehung ziehen. Aber Moment mal. Könnte man dann nicht auch sagen, dass die beiden eine Zweckgemeinschaft führen?

Der Zweck dieser Gemeinschaft besteht darin, sich gegenseitig zu unterstützen und die Vorteile daraus zu nutzen, dass man eine Verbindung eingegangen ist.

Aber wenn wir gerade schon so philosophisch sind. Auch aus dem Wortstamm des Wortes Partnerschaft kann man etwas ableiten, wenn man es denn möchte. Nimmt man das Wort nämlich auseinander, erhält man die Aussage: Der Partner schafft. Daraus könnte man jetzt ableiten, dass eine Partnerschaft doch kein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen zwei Partnern ist. Denn auch in der Partnerschaft schafft ein Partner (oder doch beide Partner?) etwas.

Ok, das wird jetzt ziemlich theoretisch. Und außerdem, wo bleibt bei alledem unsere Liebe? Gibt es die Liebe mehr in einer Partnerschaft oder in einer Beziehung? Und kann es in einer Zweckgemeinschaft auch Liebe geben?

Aber mal im Ernst. Ist eine Ehe, Partnerschaft, Beziehung, Freundschaft, wie auch immer, nicht immer eine Zweckgemeinschaft? Wenn man sich die Menschheitsgeschichte so anschaut, wurde das Bündnis der Ehe immer für einen Zweck geschlossen. Um Besitztümer zu vergrößern, um Machtansprüche zu erhalten, um Einfluss ausüben zu können, um Kriege zu verhindern …

Erst in der jüngsten Zeit der Menschheitsgeschichte spielt die Liebe in der Paarbindung eine übergeordnete Rolle. Durch den allgemeinen Wohlstand, die Freiheit und die Selbstbestimmung, die wir alle haben, können wir es uns erlauben, den Partner auszuwählen, den wir möchten. Wir müssen die Eltern nicht mehr um Erlaubnis fragen oder auf andere Rücksicht nehmen. Wir suchen uns unseren Partner, unsere Partnerin danach aus, ob wir Gefühle für ihn/sie haben.

Wenn wir die andere Person lieben, gehen wir eine Verbindung mit ihr ein. Zumindest für eine Zeit. Denn ob die Liebe zu dem Menschen für eine Freundschaft, eine Beziehung, eine Partnerschaft, eine Zweckgemeinschaft oder eine lebenslange Ehe reicht, das kann zum Zeitpunkt, wo diese Verbindung eingegangen wird, niemand vorhersagen.

Ist man mit einem Menschen aber längere Zeit zusammen, kommt unweigerlich irgendwann der Zeitpunkt, wo man sein Zusammenleben analysiert. Vielleicht kriselt es zwischen Euch und es kommt häufiger zum Streit. Vielleicht trennt sich aber auch ein Paar aus dem Bekanntenkreis. Egal was der Auslöser in dem Moment ist. Du fragst Dich plötzlich, auf welchem Level euer Zusammenleben gerade ist und ob Du auf Dauer damit glücklich sein kannst.

Spätestens jetzt wird bewusst, welches Verhältnis Du zu Deinem Partner, Deiner Partnerin hast. Lebst Du in einer glücklichen, harmonischen Partnerschaft? Ist es eine Beziehung, in der jeder mal den anderen zieht? Oder ist es eine Zweckgemeinschaft mit mehr Vorteilen als Nachteilen und dem Zweck, ein angenehmes, zufriedenes Leben mit einem Menschen zu verbringen, für den man Gefühle empfindet?

Egal welchen Begriff Du verwendest. Du und der Mensch an Deiner Seite sollten auf jeden Fall respektvoll, liebevoll, ehrlich und hin und wieder auch leidenschaftlich miteinander umgehen.   Dann gibt es nämlich keine Beziehung, keine Partnerschaft oder Zweckgemeinschaft mehr. Dann gibt es nur noch ein WIR. Zwei Menschen, die zusammengehören. In guten wie in schlechten Zeiten und die aus diesem Wirgefühl heraus alles tun, um dieses Wir zu erhalten.

Mal zieht der eine den anderen, mal tut man etwas zum Zweck, um das, was man zusammen erreicht hat, nicht zu zerstören, und mal, um als Paar eine fantastische Zeit miteinander zu erleben. Wie immer entscheidest Du, welche Bezeichnung Du Deiner Lebensgemeinschaft gibst und ob Du in dieser Gemeinschaft leben möchtest.

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