Beobachten und lernen

Du kennst doch mit Sicherheit den Spruch „Aus Fehlern lernt man“? Das ist so weit richtig und manchmal im Leben notwendig, dass man Fehler selber macht, um daraus zu lernen. Jedoch ist es viel einfacher, weniger schmerzhaft und oft genauso effektiv, aus den Fehlern anderer zu lernen. Du musst nicht die Fehler, die tausende von Menschen vor dir gemacht haben, wiederholen, um zu lernen, dass eine gewisse Herangehensweise nicht zum gewünschten Ergebnis führt. An dieser Stelle kannst Du abkürzen und von denjenigen lernen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben und einen optimaleren Weg gefunden haben.

Von wem kannst du und solltest du lernen? Wenn es darum geht, eine lange, gemeinsame Beziehung zu führen, lerne am besten von denen, die eine lange, glückliche Beziehung führen. Wie sieht zum Beispiel die Beziehung Deiner Großeltern aus? Die älteren Generationen haben es oft nicht einfach im Leben gehabt. Und einige Ehen wurden auch aus wirtschaftlicher Sicht und nicht aus Liebe geschlossen. Aber egal, warum diese Ehen geschlossen wurden, sie haben ein Leben lang gehalten. Sicherlich spielt die damalige Zeit eine wichtige Rolle. Eine alleinerziehende Frau war finanziell kaum überlebensfähig und eine Scheidung schadete dem Ruf beider Partner. Von daher arrangierte man sich und warf nicht gleich die Flinte ins Korn, wenn es mal Probleme in der Beziehung gab.

Unterhalte Dich mit Deinen Großeltern, wenn Du dazu noch die Möglichkeit hast. Du wirst viele interessante Dinge über die Liebe und das Zusammenleben in einer Beziehung erfahren. Von wem kann man besser lernen als von einem Paar, welches schon 50 Jahre zusammenlebt? Die beiden haben garantiert alles miteinander durchgemacht. Vom Verliebtsein bis zum großen Ehekrach. Von Versöhnung bis zum langweiligsten Alltag. Frage sie, warum sie sich nicht getrennt haben, obwohl sie keine Lust mehr auf den anderen hatten. Warum Sie zusammengeblieben sind, obwohl der Partner oft sehr schwierig ist und das Zusammenleben manchmal unerträglich. Frage sie, ob sie es bereut hat, mit ihrem Partner zusammen alt zu werden.

Lerne von Deinen Freunden, Bekannten oder auch Arbeitskollegen. Schau Dir die Freundschaften und Beziehungen bei ihnen an. Redet darüber und Du wirst erkennen, was Ihnen wichtig ist oder was Ihnen in der Beziehung fehlt. Beobachte sie. Wie gehen sie miteinander um? Wie reden sie miteinander? Und viel spannender: Wie reden Sie übereinander? Ziehe Deine Rückschlüsse daraus und übertrage sie auf Deine Beziehung.

Doch Vorsicht. Mische Dich nicht in die Beziehung der anderen ein. Höre nur zu und stelle Fragen. Natürlich darfst Du auch Deine Meinung sagen, aber tue dies diplomatisch.  Ohne jemanden persönlich anzugreifen oder bloßzustellen. Schließlich möchtest Du die Beziehung, die Ihr zueinander habt, nicht gefährden. Du möchtest für Deine Beziehung lernen.

Da es aber um Deine Beziehung geht, solltest Du viel von Deinem Partner lernen. Was mag er? Was gefällt ihm? Was kann er überhaupt nicht leiden? In der Kennenlernphase habt Ihr natürlich über viele dieser Dinge gesprochen. Aber wie sieht die Realität aus? Mag Dein Partner eine saubere Wohnung, hat aber nie Lust zum Putzen? Würde er gerne am Wochenende öfters fortgehen, kann es sich aber eigentlich gar nicht leisten?  Liebt Dein Partner gemütliche Abende und ist dann total entspannt und zufrieden, wenn ihr aneinander gekuschelt eure Lieblingsserie anschaut?  Wie geht Dein Partner mit Kindern oder Familienmitgliedern um? Und wie redet er über Freunde und Ex-Partner?

Beobachte die Reaktionen Deines Partners. Nehme bewusst wahr, wie er reagiert und was er sagt. Gerade auch, wie er etwas sagt. Ein „Danke“ wird vielleicht nur aus Höflichkeit gesagt und nicht, weil man es wirklich so meint. Es sind oft minimale Veränderungen. Wenn Du aber hier sensibel bist, kannst Du darauf reagieren.

Reagieren solltest Du auch, wenn Dein Partner auf eine Berührung nicht so reagiert, wie Du es erhofft hast. Gerade wenn man erst frisch zusammen ist, kennt man die Vorlieben des anderen noch nicht. Mag er es, beim Spazierengehen die Hand zu halten? Mag er lieber einen kurzen oder einen langen intensiven Kuss? Findet er Streicheln angenehm? Und wo mag er es am liebsten?

Jeder Mensch hat so seine Stellen am Körper, an denen er sehr empfindlich reagiert. Auch wenn viele Frauen sensibel darauf reagieren, wenn man sie am Nacken liebkost, heißt das nicht, dass sie zerfließen wie Butter in der Sonne, wenn sie dort liebkost werden. Probiere aus, wo die Stellen bei deinem Partner sind und wie du sie berühren musst, damit er sich wohlfühlt.

Lerne von Deinem Partner, wie Du ihn glücklich machen kannst, wie Du ihm eine Freude bereiten kannst. Lerne aber auch, was Du unbedingt vermeiden solltest und worauf er negativ und gereizt reagiert. Lerne seine Eigenarten kennen und wie Du damit umgehen kannst. Kurzum: Lerne, so mit ihm umzugehen und so zu reden, dass Ihr eine lange, glückliche Beziehung miteinander haben könnt.

Ich kann förmlich Deine Gedanken spüren. Du fragst Dich: „Was das alles soll. Wo bleibt da die Natürlichkeit, der Spaß? Wenn ich mich so verhalte, dann ist das Arbeit. Und außerdem ist es Selbstaufgabe, denn ich tue alles für meinen Partner und die Beziehung. Wo bleibe ich bei der ganzen Sache?“

Bevor Du jetzt aber vorschnell urteilst, lerne vor allem von Dir selbst. Welche Einstellungen und Ansichten hast Du? Was gefällt Dir und womit kannst Du Dich gar nicht anfreunden? Du bist ein Teil dieser Beziehung. Und genau wie Dein Partner hast Du auch das Recht, glücklich und zufrieden zu sein. Also, wann bist Du glücklich und zufrieden in Deiner Beziehung?

Andere zu beobachten, ihnen zuzuhören und kluge Ratschläge zu geben, ist oft sehr einfach. Aber sich mit sich selbst zu beschäftigen, um zu erkennen, wie man sich selbst verhält und welche Folgen das für die Beziehung hat, das ist oft gar nicht so einfach. Mach Dir aber mal die Mühe. Hinterfrage immer mal wieder, ob das, was Du tust oder sagst, gut oder eher schlecht für Deine Beziehung ist.

Liebe ist eine Entscheidung und mit deinem Verhalten und deinen Worten beeinflusst du die Qualität deiner Beziehung. Natürlich sollst Du Dich nicht verbiegen, verstellen oder gar selbstaufgeben. Das verlange ich nicht. Je natürlicher und authentischer Du bist, umso liebevoller bist Du für Deinen Partner. Aber nur weil Du natürlich bist, redest, wie Dir der Mund gewachsen ist, und Dich so verhältst, wie Du es möchtest, heißt es nicht, dass Du eure Beziehung nicht optimieren kannst. Denk mal drüber nach. Dir fällt bestimmt das ein oder andere ein, was Du tun könntest, um eure Beziehung glücklicher zu machen.

Kleine Veränderungen bewirken hier oft wahre Wunder. Lernt voneinander und miteinander. Probiert es aus. Mach ein Spiel daraus. Wer schafft es, den Partner noch besser kennenzulernen und ihn dann noch glücklicher zu machen?  Das muss nicht 365 Tage im Jahr passieren. Um Himmels willen. Das wäre viel zu anstrengend. Eine Beziehung soll Spaß machen und gegenseitig Kraft, Energie und Halt geben. Sammelt Erfahrungen und Erkenntnisse und verbessert euer Miteinander kontinuierlich, in kleinen Schritten. Verbessert eure Kommunikation, euren Alltag und euer Liebesspiel. Bleibt achtsam und offen für Veränderungen. Lernt aus Euren Fehlern und genießt das, was richtig gut funktioniert. Habt Spaß miteinander, erkundet euch gegenseitig und findet die Dinge, die eure Beziehung einzigartig und vollkommen machen.

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