Was ist Liebe?
Über diese Frage habe ich mir schon stundenlang, ach quatsch, Tagelang den Kopf zerbrochen. Nicht permanent, aber in all den Jahren immer mal wieder. Das Blöde daran: Bis heute habe ich keine allgemeingültige Antwort darauf gefunden. Wie auch. Empfindet jeder Mensch die Liebe doch anders, und jeder von uns setzt jeder andere Maßstäbe.
Es gibt viele Bücher über die Liebe. Und auch hier gibt es immer unterschiedliche Ansätze, wie man versucht, die Liebe zu erklären. So zum Beispiel versuchte man, die Liebe auf wissenschaftlicher Seite zu erklären. Man scannte unzählige Gehirne von verliebten Menschen, analysierte Blut und Hormone und fand auch tatsächlich chemische und neuronale Zusammenhänge. Einige Wissenschaftler verglichen das menschliche Verhalten von Verliebten mit dem Paarungsverhalten bei Tieren. Und wieder andere durchforsteten die Menschheitsgeschichte, um das Geheimnis der Liebe zu entschlüsseln.
Das ist wissenschaftlich auch alles sehr interessant, und wenn man sich damit beschäftigt, bekommt man denn ein oder anderen Ah-ha-Moment. Nur leider bringen all diese Erkenntnisse in den eigenen Liebesdingen keinen Vorschritt. Was nützt es Dir, wenn Du weißt, dass Dopamin im Gehirn viele der Empfindungen erzeugen, die mit Liebe in Verbindung stehen? Richtig, es bringt Dir nichts. Du könntest jetzt zwar im Internet danach suchen, wie Du Deinen Dopaminspiegel erhöhen kannst, aber das bringt Dir nichts. Es kommt nämlich auf die Dosierung an. Auf das Zusammenspiel mit den anderen Botenstoffen im Gehirn. Also vergessen wir das ganz schnell wieder. Liebe ist keine Wissenschaft.
Viele sagen ja, Liebe ist so ein spezielles Gefühl. So ein Kribbeln im Bauch. Man fühlt sich wunderbar, glücklich, zufrieden, angekommen. Mach Dir doch mal den Spaß und frage Deine Freunde, Bekannten, Deine Familie oder völlig fremde Menschen danach, was Liebe ist. Ich wette, Du bekommst jedes Mal eine andere Antwort. Von 100 Antworten werden sich keine zwei gleichen. Das ist aber auch gut so. Denn Liebe ist so vielseitig, so individuell und so unfassbar, dass jeder Mensch auf der Welt sie anders definieren wird.
Wenn Du nun aber an Deine ersten Tage und Monate zurückdenkst, in denen Du verliebt warst, weißt Du genau, was ich meine. Dann weißt Du, was Liebe für Dich bedeutet. Doch wie lange hat dieses Kribbeln im Bauch bei Dir angehalten? Waren es wundervolle Monate oder gar mehrere Jahre? Verspürst Du dieses Kribbeln immer noch? Erfahrungsgemäß lassen diese Gefühle im Laufe der Zeit nach. Leider. Aber angeblich ist es biologisch auch so gewollt. Dieses permanente Hochgefühl und die ganzen Prozesse, die dabei in Deinem Körper ablaufen, verursachen Stress. Zugegeben, es ist positiver Stress und nicht im Geringsten damit vergleichbar, wenn Dein Auto auf der Autobahn in einer Baustelle den Geist aufgibt. Heftiges Verliebtsein ist in erster Linie positiver Stress, aber unser Körper ist nicht dazu ausgelegt, ständig überlastet zu werden. Auch positiver Stress ist auf Dauer gefährlich. Stell Dir doch nur mal vor, Du hättest jeden Tag im Jahr Geburtstag. Jeden Tag die Vorfreude auf tolle Geschenke, jeden Tag Geburtstagsparty, jeden Tag Freude, Spaß, Glück und dieses Gefühl, im Mittelpunkt zu stehen. Wie findest Du diese Vorstellung? Wie lange würdest Du die positiven Gefühle genießen können? Wann kommt Dir der ganze Frohsinn zu den Ohren raus und geht Dir auf die Nerven?
Zum Glück ist verliebt sein nicht wie jeden Tag Geburtstag zu haben. Verliebt zu sein ist ein wundervolles Gefühl, und auch wenn es unmöglich erscheint, so möchte man dieses Gefühl so lange wie möglich erhalten und später auch immer mal wieder spüren. Die gute Nachricht an dieser Stelle: Es gibt Mittel und Wege, wie Du diese tollen Gefühle auch in längeren Beziehungen erhalten kannst. Das musst Du aber bewusst wollen und herbeiführen. Und Dein Partner muss es ebenso wollen. Ihr beide müsst Euren Beitrag dazu leisten. Dazu komme ich aber später nochmals ausführlich.
Aber was ist Liebe denn nun? Ist es ein Spiel zwischen zwei Menschen? Ein Spiel der Gefühle? Ein Auf und Ab? Ein Geben und Nehmen? Was ist Liebe?
Wenn Liebe nur ein Gefühl wäre, müsste man nur lernen, wie man es beeinflussen kann. Zum Beispiel so, wie man einem Kind beibringt, wie es mit Wut umzugehen hat. Der Ansatz ist zwar ganz gut, da man zumindest das Gefühl steuern könnte, wenn man es hat. Aber wie bekommt man das Gefühl von Liebe?
Gefühle haben ja die Eigenschaft, dass sie uns einfach überkommen. Meistens jedenfalls. Jemand tut etwas, womit wir nicht einverstanden sind, und das macht uns wütend. Es gibt einen Auslöser, einen Impuls, der bei uns zu dem Gefühl, in diesem Falle Wut, auslöst. Jemand anders reagiert in der gleichen Situation völlig anders. Total entspannt oder verständnisvoll. Je nachdem, welche Erfahrungen, Einstellungen und Motive derjenige hat.
Gibt es aber auch einen Auslöser für Liebe?
Ich habe noch keinen gefunden. Die Schönheit eines Menschen ist es jedenfalls nicht. Stell Dir nur mal vor, wie das wäre. Bei jedem schönen Menschen, der Dir über den Weg läuft, bist Du plötzlich verliebt. Das ist eine grausame Vorstellung. Sicherlich fühlt man sich von der Schönheit eines Menschen vielleicht besonders angezogen und auch im Kopf laufen diverse Vorstellungen ab, aber das hat nichts mit Liebe zu tun.
Es muss also noch etwas hinzukommen, was uns dazu veranlasst, jemanden zu lieben. Am offensichtlichsten sind es die positiven Eigenschaften des anderen. Ist er / sie aufgeschlossen, freundlich, nett, ein guter Zuhörer oder ein fantastischer Erzähler? Ist er oder sie zielstrebig, ordentlich, großzügig, abenteuerlustig? Es gibt zu viele Eigenschaften, um sie hier alle aufzuführen. Und ganz ehrlich, jeder von uns achtet auf was anderes. Dem einen ist Ordnung total wichtig, der andere mag lieber jemanden, der abenteuerlustig ist und im Wohnmobil durch die Welt fährt.
Was Dir persönlich wichtig ist, hängt von Deinen eigenen Werten, Deiner Einstellung, Deiner Überzeugung und auch von Deiner Erziehung ab.
Fassen wir zusammen, wir treffen jemanden, den wir attraktiv und körperlich anziehend finden. Die Person hat auch ein paar der positiven Eigenschaften, die uns wichtig sind. Lieben wir diese Person jetzt?
Nein.
Im besten Fall empfindet man etwas für die Person. Aber es ist noch keine Liebe. Warum nicht?
Lass es mich an einem Beispiel verdeutlichen. Nehmen wir an, Du triefst so eine Person zufällig im Bus. Ihr kommt auch ins Gespräch, weil sie Dich anspricht, und ihr versteht Euch richtig gut. Warum bist Du jetzt nicht bis über beide Ohren verliebt? Ganz einfach. Du willst es vielleicht gar nicht.
Entweder Du bist in festen Händen, dann ist die Person eine nette Bekanntschaft. Nicht mehr und nicht weniger. Oder aber Du bist Single, hast aber gerade den Kopf durch Deine Arbeit so voll, dass Du keine Zeit für die Liebe hast.
Verstehst Du, worauf ich hinauswill?
Liebe ist nicht nur ein wundervolles Gefühl. Liebe ist eine bewusste Entscheidung. Wenn Du Dich nicht für die Liebe entscheidest, wirst Du sie nicht bekommen. Das klingt jetzt vielleicht etwas hart, zu unromantisch und zu abstrakt. Aber lass uns den Gedanken im Verlauf dieses Buches immer mal wieder aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
Natürlich funktioniert es nicht, wenn Du Dir sagst: Ich bin bereit für die Liebe, ich will Liebe. Jetzt sofort. Und dann gehst Du los und stürzt Dich auf jede Person, die Deinem „Beuteschema“ entspricht. Am Ende wirst Du mit etwas Glück ein paar nette Bekanntschaften gemacht haben, aber immer noch nicht die Liebe gefunden haben. Warum nicht? Nun ja, zur Liebe gehören immer noch zwei. Die andere Person braucht natürlich die gleichen Gefühle für Dich. Sie ist ebenfalls bereit, sich zu verlieben, sie findet Dich attraktiv und sympathisch und Deine positiven Eigenschaften entsprechen dem, wonach sie sucht.
Hier brauchst Du Glück und Ausdauer, den bzw. die Richtige für Dich zu finden. Erst wenn sich beide anziehend finden, sich sympathisch sind und sich blendet verstehen, und wenn sie dann noch bereit für die Liebe sind, erst dann wird Amor seinen Pfeil auspacken und Liebe möglich machen. Wenn dem so ist, dann ist das wie ein Hauptgewinn im Spiel des Lebens. Zwei Menschen, die offensichtlich zueinander passen, haben sich gefunden und sind dabei, sich ineinander zu verlieben.
Das Auswahlverfahren ist teilweise ziemlich lästig, zeitraubend und unbefriedigend. Du wirst oft an den Punkt kommen, wo Du Dich fragst, warum Du Dir das antust und ob es überhaupt den passenden Partner für Dich gibt. Und wenn ja, wo zum Henker ist er? Ist er überhaupt in Deiner Stadt? Wie sollst Du die Liebe Deines Lebens überhaupt finden? Es gibt doch Milliarden Menschen auf dieser Welt. Du kannst doch unmöglich alle Daten. Und selbst wenn, wer sagt denn, dass es nicht noch jemanden gibt, der besser zu Dir passt?
Hier kommen wir wieder auf die Kernaussage des Buches zurück. Liebe ist eine Entscheidung. Und das Gute bei Entscheidungen ist, dass man sich für etwas entschieden hat. In diesem Fall für jemanden. Die Frage, ob die Entscheidung richtig ist, solltest Du Dir nicht stellen. Denn was wäre die Alternative? Na ja, ich halte die Person erstmal fest. Mal sehen, was passiert. Ich halte die Augen und Ohren mal noch offen, vielleicht findet sich ja noch jemand Besseres.
Willst Du das? Willst Du ewig auf der Suche nach der großen Liebe sein, in der Hoffnung, sie beim nächsten Date zu finden? Suchst Du wirklich den perfekten Partner? Oder anders gefragt, bist Du, mit dieser Einstellung, Dich nicht für die Liebe entscheiden zu können, der perfekte Partner für jemanden?
Liebe ist nicht nur ein Wort oder ein Gefühl. Liebe ist eine bewusste Entscheidung. Eine Entscheidung, die Du täglich neu treffen musst.