Altersunterschied

Das mit dem Alter ist ja so eine Sache. Wenn man jung ist, noch ein Kind, dann möchte man unbedingt schnell älter werden. Man kann seinen Geburtstag kaum erwarten. Hat man dann Geburtstag, freut man sich über die vielen tollen Geschenke und dass man nun älter geworden ist. Endlich 6 Jahre alt. Zum Glück zählt man nun nicht mehr zu den Babys im Kindergarten. Ist man 10 Jahre alt, ist man stolz darauf, dass man schon ein zweistelliges Alter erreicht hat. Und so eilt man durch seine Jugend, um endlich 18 Jahre alt und somit erwachsen zu werden.

Wenn dann die 18 erreicht ist und man für sein Leben selbst verantwortlich ist, fühlt sich so manch einer überfordert. Erwachsensein ist plötzlich doch nicht mehr so cool. Die ganze Verantwortung und alles muss man allein bewerkstelligen. Manch einer möchte dann am liebsten wieder 16 Jahre alt sein. Sich fühlen wie ein Erwachsener, aber mit der Gewissheit, dass im Zweifel Mama und Papa helfen. Verantwortung ist heutzutage ohnehin bei vielen oft ein Fremdwort. Schließlich genießt man als Jugendlicher noch einen besonderen Schutz.

Die Jahre ab dem 18. Lebensalter rauschen nur so an einem vorbei. Durch das Lernen fürs Studium oder die Arbeit hat man viel weniger Zeit für sein Leben. Kommt dann noch ein eigener Haushalt, ein Partner und später noch Kinder dazu, hat man oft das Gefühl, als ob ein Jahr nur noch 111 Tage, ein Monat nur noch 20 Tage und ein Tag nur noch 12 Stunden hat. Wo ist die Zeit hin, in der man sein Leben leben wollte? In der man die Welt retten oder das nächste große Unternehmen gründen wollte? Für so viele Dinge ist einfach nicht mehr genügend Zeit vorhanden.

Hat man erstmal ein gewisses Alter erreicht, verbringt man einen Teil seiner Zeit auch noch beim Arzt. Man wird alt, ist nicht mehr so fit und so belastbar. Oft wünscht man sich, nochmals jünger zu sein. Aber dieser Wunsch bleibt einem versagt. Liegt man auf dem Sterbebett und stellt dann fest, dass man sein Leben vergeudet hat, ist der Zug abgefahren. Was einem dann noch bleibt, ist die Hoffnung auf eine Wiedergeburt und darauf, dass man dann schlauer ist als in diesem Leben und dann vieles anders machen würde.

So hat jedes Alter seine Vor- und Nachteile und in jedem Altersbereich gibt es entsprechend andere Vorstellungen vom eigenen Leben. Damit kommen wir zum eigentlichen Thema dieses Kapitels. Der Altersunterschied in einer Beziehung.

Vorab aber an Dich mal die Frage. Welchen Altersunterschied würdest Du in einer Beziehung akzeptieren? Sind 2 Jahre ok für Dich? Sind 5 Jahre gerade noch so akzeptabel? Und sind 10 Jahre und älter ein absolutes No-Go? Was findest Du besser? Wenn der Mann älter ist als die Frau? Oder ist es besser, wenn die Frau älter ist als der Mann? Statistisch gesehen sterben Männer ohnehin eher als Frauen. Von daher wäre es doch gut, wenn die Frau die ältere ist, dann muss sie nach dem Tod ihres geliebten Mannes nicht mehr so lange alleine leben.

Aber wer denkt bei der Partnersuche schon daran, wer als erstes stirbt? Ausschlaggebend sind doch ganz andere Dinge. Spielt hierbei das Alter aber auch eine Rolle? Eindeutig ja. So sagt man, dass Mädchen in ihrer Entwicklung viel reifer sind als Jungen im selben Alter. Junge Mädchen suchen sich daher tendenziell eher einen älteren Freund. Da haben die Männer auch gar nichts dagegen. Eine jüngere Freundin ist sexy, knackig und man zeigt sich gerne mit ihr.

Egal ob Mädchen oder Junge, manch einer nimmt den ersten, älteren Partner aber auch, weil er oder sie einem etwas bieten kann. Dieser Mensch verdient schon Geld, hat ein Auto, vielleicht eine eigene Wohnung. Wochenendausflüge, Urlaub, Partys – alles kein Problem. Was für eine traumhafte Beziehung. Oder?

Was passiert aber, wenn aufgrund des Altersunterschiedes die Interessen zu weit auseinanderliegen? Je älter man wird, umso deutlicher werden dann diese Unterschiede. Am Anfang denkt man sich noch, dass man sich gegenseitig ergänzt. Der oder die Ältere von beiden hat die Hoffnung, dass der oder die Jüngere einen mit seiner Energie und seinem Elan ansteckt und mitreißt. Der, die Jüngere profitiert von den Lebenserfahrungen des älteren.

Je nachdem, wie viele Jahre die beiden voneinander unterscheiden und die wie vielte Beziehung es für beide ist, gibt es jedoch zunehmend Schwierigkeiten mit dem Altersunterschied.  Um das mal zu verdeutlichen, berichte ich Dir von meinen eigenen Erfahrungen.

Als ich meine zweite Frau kennenlernte, war ich 35 Jahre alt. Ich lebte in Scheidung von meiner ersten Frau und hatte bereits zwei Kinder. Die Frau meiner damaligen Träume war 26 Jahre alt, hatte keine Kinder und wollte beruflich richtig durchstarten. Damals absolvierte sie neben ihrem Job noch ein Fernstudium, wohingegen meine Karriere als Angestellter in einem Autohaus weitestgehend vorhersehbar war.

Wir hatten also einen Altersunterschied von 9 Jahren, standen beruflich auf unterschiedlichen Ebenen und was die Familienplanung anbelangt, hätten die Unterschiede nicht größer sein können. Dennoch haben wir uns füreinander entschieden und unsere ersten Jahre waren auch traumhaft. Zumindest ging die Theorie, dass Sie mich mit Ihrer jugendlichen Energie mitreißen eine Weile auf. Wir gingen in Bars, machten Urlaub oder besuchten ein Theater. Durch Ihren Elan und Ihre Zielstrebigkeit im Beruf und Studium animierten Sie mich, mich beruflich auch weiterzuentwickeln.

Aber 9 Jahre Altersunterschied sind eben 9 Jahre. Ihre Freunde waren so alt wie Sie und hatten dementsprechend ganz andere Hobbys, Interessen und Ansichten als ich. Ich fühlte mich so manches Mal alt und fehl am Platz. Auch ein Tag nach einer Party verlief bei mir ganz anders ab als bei ihr. Mein Körper verlangte nach Ruhe und Regeneration und nicht gleich wieder nach der nächsten Aktivität.

Jeder so um die 40 und älter wird das bestätigen. Als 20-Jährige haben wir die Nächte zum Tag gemacht. Von Freitag bis Sonntag Aktion und trotzdem am Montagfrüh putzmunter um 7 Uhr auf der Arbeit. Das funktioniert ab einem gewissen Alter irgendwie nicht mehr. Nach 5 Stunden Party braucht man gefühlt eine Woche Urlaub, um wieder fit zu werden.

Was macht man nun aber in einer Beziehung, in der der jüngere Partner verständlicherweise Aktion möchte, um sein Leben zu genießen, und der ältere nach einer anstrengenden Arbeitswoche lieber seine Ruhe haben möchte? Im besten Fall findet man einen Kompromiss. Dafür müssen aber beide bereit sein, auf etwas zu verzichten und Rücksicht auf den anderen zu nehmen.

Aber selbst wenn man das noch einigermaßen hinbekommt, so bleiben die Herausforderungen bei der Familienplanung, im Umgang mit den Freunden und all den anderen Baustellen, die man miteinander hat.

Wie gesagt, ich hatte bereits zwei Kinder. Meine Partnerin noch keine. Als junge Frau wollte sie aber Kinder bekommen. Eigene Kinder haben und nicht nur alle zwei Wochen am Wochenende meine Kinder bespaßen. Da für mich immer feststand, dass zu einer Familie Kinder gehören, hatte ich auch kein Problem damit, nochmals Kinder zu bekommen. Durch die Trennung von meinen ersten Kindern hätte ich so auch die Möglichkeit, mehr Einfluss auf die Erziehung nehmen zu können und ihre Entwicklung miterleben zu dürfen. Klar macht man sich ab einem gewissen Alter auch so seine Gedanken darüber, nochmals Vater zu werden. Und es ist auch ein Unterschied, ob man Vater von zwei oder vier Kindern ist. Da man auch älter geworden ist, ändert sich auch der alltägliche Umgang mit den Kindern.

Als junger Mensch ist man gegenüber seinen Kindern toleranter. Es stört kaum, wenn das Kind Krach macht oder wild durch die Gegend rennt. Auf dem Spielplatz ist man entspannt und teilweise naiv, in dem Glauben, dass schon nichts passieren wird. Lass die Kinder doch unbeaufsichtigt ganz nach oben auf das Klettergerüst oder den Baum klettern. Es sind doch Kinder und sie müssen sich ausprobieren. Man macht sich kaum Gedanken, als junger Elternteil, darüber, wenn das Kind durch den Matsch springt, sich die Sachen dreckig oder kaputt macht oder mehr auf der Nase liegt, als aufrecht zu stehen. Hauptsache ist doch, dass es dem Kind Spaß macht und es ihm gut geht.

Als ich mit 38 Jahren zum dritten Mal Papa wurde, war ich nicht mehr ganz so entspannt. Wenn unser Kind Krach machte, durch die Wohnung polterte oder waghalsige Kletterakrobatik versuchte, machte mich das wahnsinnig oder aktivierte meinen elterlichen Schutzmechanismus. Mach dies nicht, mach das nicht, sei leiser, pass auf, sei nicht so hektisch, schau hin, was du machst, und so weiter und so weiter. Wollte ich jetzt ein besserer, fürsorglicherer Vater sein als damals? Oder wollte ich mich selbst vor dem schützen, was auf mich zukommt, wenn es nicht so lief, wie unser Kind es sich vorgestellt hat?

Erziehungstechnisch war das ganz schlimm und meine Frau und unsere Kinder fanden das auch nicht gerade lustig. Aber so ist das nun mal, wenn man Lebenserfahrungen gesammelt hat und sich verantwortlich für seine Kinder fühlt. Da kann man nicht mehr einfach alles ausblenden. Also ich zumindest konnte es nicht. Auch wenn ich es immer mal wieder versucht habe.

Du siehst, und sicherlich hast Du auch eigene Erfahrungen gemacht: Ein zu hoher Altersunterschied birgt gewisse Risiken und stellt eine Beziehung, trotz aller vorhandenen Vorteile, vor Herausforderungen. Körperliches Aussehen, Energielevel, Lebenserfahrungen, Einstellungen und Erwartungen zum Leben, Familienplanung, Hobbys, Interessen und Karriere beeinflussen das zwischenmenschliche Miteinander. Ob und inwieweit ein Altersunterschied hier von Vor- oder Nachteil ist, das hängt von den Persönlichkeiten der beiden Liebenden und Ihrer Bereitschaft zur Anpassung ab.

Du entscheidest, ob für Dich ein Altersunterschied sinnvoll oder störend ist und wie Du mit den Herausforderungen umgehen wirst.

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