Die Angst vor dem Risiko

Schon das Kennenlernen steckt voller Risiken. Traust Du dich, den ersten Schritt zu unternehmen? Das kommt auf deine Motivation, deine Erfahrungen und somit viel auf dein Selbstbewusstsein an. Denn was alles passieren kann, wenn Du jemanden ansprichst, das kann niemand vorhersagen.

Die andere Person könnte dich ablehnen. Das nagt gewaltig an deinem Selbstbewusstsein. Schlimmer noch, wenn sie sich dabei lustig über Dich macht. Wie reagierst Du darauf? Und wie wirst Du damit umgehen? Für manche Menschen ist die Angst vor einer Ablehnung so groß, dass sie sich nie trauen, den ersten Schritt zu unternehmen. Sie verpassen viele gute Möglichkeiten, jemanden kennenzulernen. Und sie verpassen das Abenteuer, den Spaß und die Erfahrungen, die durch neue Bekanntschaften entstehen. Sie verpassen durch ihre Schüchternheit die Chance darauf, eine Beziehung zu einem wundervollen Menschen aufzubauen.

Jeder Kontakt zu einem fremden Menschen ist aber auch aus anderen Gründen riskant. Der andere könnte auch böse Absichten haben. Nicht jeder Mensch ist so lieb und nett wie Du. Es gibt Menschen, die wollen nur ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen. Notfalls nutzen sie dafür andere Menschen aus, unterdrücken sie oder wenden Gewalt an. Du weißt nie, wen Du da gerade kennenlernst. Ist dieser Mensch ein Lügner und Betrüger? Wenn ja, wann wirst Du es erkennen? Ist dieser Mensch wirklich an dir interessiert oder möchte er nur dein Geld? Möchte dieser Mensch nur sexuelle Befriedigung? Oder ist es eine gewalttätige, Persönlichkeit, die bei dem kleinsten Anlass tobt und auf dich losgeht? Wer dieser Mensch ist, den du gerade kennen lernen willst, wirst du nur im Laufe der Zeit erfahren, die ihr miteinander verbringt. Manchmal erkennt man aber auch erst nach Jahren, was für ein Mensch der andere wirklich ist.

Das ist ein hohes Risiko. Du willst die besten Jahre deines Lebens nicht mit dem falschen Menschen verbringen, oder? Wenn Du aber nicht für immer alleinbleiben möchtest, hast Du keine Wahl. Du musst im Leben nun mal Risiken eingehen. Wie heißt es doch so schön? No risk – no fun.

Wie gehst Du nun aber mit dem Risiko um? Wenn Du jegliches Risiko vermeiden willst, wirst Du nie eine Beziehung eingehen. Auch wenn Du dich nach Liebe, Zärtlichkeit und Zweisamkeit sehnst. Die Angst davor, verletzt oder ausgenutzt zu werden, wird dich davon abhalten, in eine Beziehung einzutreten. Du wirst viel zu lange abwägen, prüfen und die Entscheidung hinauszögern. Vielleicht so lange, bis Dir die Entscheidung durch jemand anderen abgenommen wird. Dein Traumpartner braucht auch eine Gewissheit über euren Beziehungsstatus. Er entscheidet genauso darüber, wie und ob es mit euch weitergehen wird.

Du könntest aber auch die Augen vor allen Risiken verschließen und mutig den nächsten, notwendigen Schritt machen. Du vertraust Dir. Du vertraust deiner Menschenkenntnis und du vertraust darauf, jede Situation meistern zu können. Du bist offen und neugierig dem anderen gegenüber. Du bist aber nicht leichtsinnig. So wirst Du viele Erfahrungen sammeln, viele interessante Menschen kennenlernen und dich mit Sicherheit bald in einer Beziehung wiederfinden. Ob diese Beziehung ein Leben lang hält oder zerbricht, mit diesem Risiko wirst Du leben müssen.

Die dritte Möglichkeit, mit den Risiken einer Beziehung umzugehen, ist heutzutage sehr verbreitet. Viele wollen die Vorzüge einer Beziehung, ohne jedoch eine Beziehung zu wollen. Sie möchten zu zweit Unternehmungen machen, zu zweit essen gehen, weil es viel angenehmer ist als allein. Sie wollen kuscheln und sexuelle Befriedigung oder sie brauchen einfach jemanden zum Reden.  Auf der anderen Seite wollen diese Menschen aber auch ihre Freiheit. Sie wollen sich nicht um jemand anderen kümmern und Rücksicht auf ihn nehmen. Zu viel gemeinsame Zeit engt sie ein. Und außerdem, wer sagt denn, dass der Mensch, mit dem man da gerade seine Zeit verbringt, der richtige ist? Was, wenn morgen jemand viel Besseres vorbeikommt?  Es wäre doch blöd, wenn man diese Möglichkeit, den besseren Menschen kennenzulernen, nicht nutzen kann, weil man in einer Beziehung festhängt. Den Stress mit einer Trennung, der Aufteilung der Besitztümer und das ständige Rechtfertigen, das will doch keiner. Das braucht man ja auch nicht. Denn wenn man keine Beziehung hat, sondern nur eine Freundschaft plus oder wie auch immer die Jugend diesen Zustand nennt, dann kann man tun und lassen, was man möchte. Man nutzt die Vorteile einer Freundschaft/einer Beziehung, ohne sich zu verpflichten oder entscheiden zu müssen.

Das ist doch eigentlich perfekt, oder? Na ja, ich sehe ja da so einige Schwierigkeiten. Wenn man jung ist, mag diese Lebenseinstellung noch relativ gut funktionieren. Aus so einem Beziehungsmodell entstehen jedoch selten Kinder. Das eigene Leben, die Freiheit oder die Karriere sind wichtiger. Und wenn doch ein Kind zur Welt kommt, dann lebt es in zwei Welten. Der Welt der Mutter und hin und wieder in der des Vaters. Mit welchem Bewusstsein über Beziehungen wachsen diese Kinder auf? Und werden sie jemals eigene Beziehungen eingehen und eigene Kinder haben?

Ich denke, wir brauchen uns nicht darüber zu wundern, warum wir in der westlichen Zivilisation zu wenig Kinder haben, warum unsere Wirtschaft wegen Mitarbeitermangels den Bach runtergeht oder warum die Pflegekosten explodieren. Zugegeben, Du solltest keine Beziehung eingehen, nur um die Welt zu retten. Aber beschwere Dich auch nicht, wenn Dich die Folgen Deiner Entscheidung Jahre später hart treffen werden.

Mit der Einstellung, keine Beziehung führen zu wollen, schaden wir uns nämlich langfristig. Die Tatsache, dass wir keine dauerhafte Beziehung eingegangen sind, rächt sich, wenn wir älter werden. Ich weiß nicht, wie du dazu stehst, aber für mich ist die Vorstellung, im hohen Alter allein zu Hause zu sitzen, beängstigend. Es ist niemand da, der mit einem redet oder mit dem man Karten spielen kann. Es ist niemand da, der einen im Haushalt beim Kochen unterstützt. Es kommen keine lachenden Enkelkinder, die Spaß und Abwechslung ins Leben bringen, vorbei. Die einzige Freude und Abwechslung, die man hat, ist der Pflegedienst, der zwei Mal am Tag kommt. Und der freut sich auch, denn er verlangt gutes Geld für seinen sozialen Dienst, den früher Familienmitglieder erledigt haben.

Aber zurück zu den Risiken. Fest steht, dass Du Risiken eingehen musst, wenn Du im Leben und in Beziehungen weiterkommen möchtest.   Du musst das Risiko eingehen, dass Du belogen oder betrogen wirst. Du musst damit klarkommen, dass Dein Partner einen eigenen Kopf und seinen eigenen Willen hat und Dinge tut, die Dir überhaupt nicht gefallen. Egal wie lange Deine Beziehung schon gehalten hat und wie viele schwierige Situationen Ihr schon gemeistert habt. Es wird immer das Risiko bestehen, dass die Beziehung zerbricht. Du kannst nicht jedes Risiko ausschalten, um eine glückliche Beziehung zu führen. Sei Dir dessen bewusst. Aber Du entscheidest, welche Risiken Du eingehen wirst. Und Du entscheidest, wie Du damit umgehst.

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